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Buchvorstellung: Das wird schon wieder?

„Das wird schon wieder“ ist sicher einer der häufigeren Sätze, die wir hören, wenn wir krank sind. Auch wenn es gut gemeint ist – es trifft nicht immer zu. Toni Bernhard beschreibt in ihrem Buch, wie sie völlig unerwartet auf einer Reise nach Paris krank wird – und dann einfach nicht mehr gesund. Und wie sie mit Hilfe ihrer langjährigen buddhistischen Praxis damit umgeht.

Um was geht’s?

Toni Bernhard ist Jura-Professorin an einer Universität. Ihre Kinder sind erwachsen, sie lebt ein erfülltes, aktives Leben und freut sich mit ihrem Mann Tony auf eine lang geplante Reise zu zweit. Auf dem Flug nach Paris steckt sie sich wahrscheinlich mit einem Erreger an, der ihr Immunsystem chronisch aktiviert.

Buchcover: Toni Bernhard - Das wird schon wieder?
Cover der deutschen Ausgabe (2015)

Seitdem leidet sie unter einer noch nicht effektiv behandelbaren Erkrankung: Dem chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS – chronic fatigue syndrome).

Anfangs geht sie, wie alle in ihrem Umfeld, davon aus, dass sie sich bald wieder erholt.

Irgendwann muss sie aber begreifen, dass diese mysteriöse Erkrankung nicht so schnell wieder verschwindet.

Mithilfe ihres Verständnisses buddhistischer Lehren wird ihr nach und nach bewusst, dass es möglich ist, auch mit einer den Alltag sehr einschränkenden chronischen Erkrankung innere Zufriedenheit, Gelassenheit und Freude zu erleben.

Ihre persönliche Geschichte schildert Toni Bernhard in den ersten beiden Kapiteln.

In den darauffolgenden Abschnitten spricht sie verschiedene Herausforderungen an, die im Leben mit chronischer Erkrankung besonders häufig auftreten – und erzählt, wie aus der buddhistischen Tradition stammenden Erkenntnisse ihr im Umgang mit der Krankheit helfen:

Wie wir Mitgefühl einsetzen können, um Leid zu vermindern, wie Gleichmut helfen kann, mit dem typischen Auf und Ab der Gesundheit zurechtzukommen.

Wie wir mit verletzenden Kommentaren umgehen können, mit enttäuschenden ärztlichen Behandlungen, mit Freunden, die sich zurückziehen, mit Einsamkeit und Isolation, die oft ein Teil unseres Lebens werden.

Warum solltest du das Buch lesen?

Beim Lesen hatte ich häufig diese Momente: Ja, genau so ist es. Genau das sind die Sorgen und besonderen Schwierigkeiten, mit denen ich konfrontiert bin.

Ich habe mich verstanden gefühlt, ohne jemals beim Klagen über die Situation stehen zu bleiben: Gerade wenn wir nach außen hin nicht viel ändern können, liegt der Schlüssel zum Umgang mit der Situation in uns selbst. Wir können nicht nur lernen, damit umzugehen, sondern sogar daran wachsen und inneren Frieden damit finden. Toni Bernhard zeigt uns einen möglichen Weg, ohne dabei auch nur einmal belehrend zu wirken.

Ihr wichtigstes Grundprinzip: Sei mitfühlend mir dir selbst. Auf ihrem Blog schreibt sie:

„In my view, there’s never a valid reason to be unkind or harsh with yourself.“

Meiner Ansicht nach gibt es niemals einen berechtigten Grund, unfreundlich oder hart zu dir selbst zu sein.

Auch wenn die Autorin immer ihre eigenen Erfahrungen zum Ausgangspunkt ihrer Ausführungen macht: Das Buch ist weniger eine zusammenhängende Geschichte ihres Weges, sondern konzentriert sich auf die einzelnen Herausforderungen, ihre Erkenntnisse und Übungen.

Buchcover: How to Be Sick zeigt einen violetten Schmetterling auf orangefarbenem Hintergrund
Aktuelle (2018) komplett überarbeitete und ergänzte englischsprachige Ausgabe.

Durch diese übersichtliche Gliederung ist das Buch für mich wie ein kleines Nachschlagewerk geworden. Du kannst die einzelnen Kapitel unabhängig voneinander lesen, je nachdem was dich gerade am meisten beschäftigt. Es ist sinnvoll und hilfreich, immer mal wieder in das Buch hineinzuschauen. Es ist kein Buch, das einmal am Stück gelesen und komplett innerlich aufgenommen werden kann und möchte.

Jedes Kapitel beginnt übrigens mit einem ausgewählten Zitat – auf diese Weise bin ich schon öfter auf interessante Texte und Autoren gestoßen.

Der buddhistische Hintergrund der Autorin fließt natürlich sehr in ihre Überlegungen mit ein. Sie erwähnt einige der wichtigsten buddhistischen Begriffe und Prinzipien und erläutert sie auch genauer.

Es macht Sinn, dafür zumindest offen zu sein, wenn du dieses Buch liest. Es handelt sich aber keinesfalls um ein religiöses Buch. Auch für Nicht-Buddhisten und Atheisten ist es verständlich und nachvollziehbar.

Beeindruckt hat mich die Autorin vor allem dadurch, dass alles, worüber sie schreibt, auch in ihrer Sprache spürbar wird. Ich fühle ihr Mitgefühl, ihren Gleichmut, ihr tiefes Verständnis und ihre Achtsamkeit beim Lesen. Dadurch wird das Buch für mich lebendig, und Toni Bernhard wie eine stille mitfühlende Begleiterin auf meinem Weg.

Da ich selbst eher eine Sachbuch- als Romanleserin bin, könnte ich mir vorstellen, dass das Buch auf manche Menschen eher (zu?) sachlich wirkt. Toni Bernhard schreibt unterhaltsam, sehr einfühlsam und verständlich. Aber nicht dramatisch, nicht übermäßig emotional, wie wir es vielleicht von einigen Ratgebern amerikanischer Autor*innen gewöhnt sind.

Gerade das ist aber für mich die große Stärke des Buches: Es hinterlässt bei mir keinen sensationellen Eindruck, wie nach dem Schauen eines mitreißenden Films. Aber es hat eine große Tiefe und berührt mich auf eine leise, unaufdringliche, dennoch kraftvolle und ehrliche Art.

Wie kam ich zum Buch?

Ich muss zugeben, ich bin keine große Lebensratgeber-Leserin.

Zwar begleitet mich eine kleine bunte Sammlung von Büchern, die teilweise diesem Genre zuzuordnen sind – aber es sind nicht mehr als eine Handvoll.

Auf dieses Buch bin ich tatsächlich über den englischsprachigen Blog der Autorin gestoßen. Leider weiß ich nicht mehr, wonach genau ich in diesem Augenblick suchte – aber was ich fand, war für mich unerwartet wertvoll.

Wer das Buch liest, wird wahrscheinlich manches aus meinen Beiträgen und meinem Umgang mit der Erkrankung wieder erkennen. Ich habe mich, wie die Autorin, schon vor meiner Erkrankung mit buddhistischen Autoren und anderen östlichen Philosophien beschäftigt, auch wenn ich keine spezifische und intensive Praxis verfolge und mich nicht als Buddhistin bezeichne.

Toni Bernhard sprach mir aber gleich aus dem Herzen, als ich ihren Blog entdeckte.

Inzwischen besitze ich auch noch ein weites Buch von ihr: How to live well with chronic pain and illness. Leider ist es bisher noch nicht auf deutsch erschienen.

Fazit

In einer klaren, sachlichen, aber sehr einfühlsamen Sprache gelingt es Toni Bernhard, mit ihrem Buch eine praktische Anleitung für den inneren Umgang mit dem Leben zu erschaffen. Sie bezieht sich zwar auf ihre chronische Erkrankung – ihre Übungen und Gedanken sind aber eigentlich allgemein anwendbare Techniken, um sich selbst, anderen Menschen und den Widrigkeiten des Alltags gelassener, mitfühlender und liebevoller zu begegnen.

Wenn du unter einer chronischen Erkrankung leidest, und damit achtsamer und einfühlsamer umgehen möchtest, wenn du dabei auch offen bist für Denkansätze die aus der buddhistischen Tradition stammen – dann ist dieses Buch für dich sicher hilfreich.

Ich schließe meine Rezension mit dem wundervollen letzten Satz aus Toni Bernhards aktuellem Blogbeitrag:

„Never forget that despite your health challenges, you’re still a whole person, and don’t let anyone try to convince you otherwise.“

Vergiss niemals, dass du trotz deiner gesundheitlichen Probleme immer noch ein vollwertiger Mensch bist. Lass nicht zu, dass dir irgendjemand etwas anderes einredet.

Weitere Informationen

Deutschsprachige Ausgabe

Die deutsche Ausgabe erschien 2015 unter dem Titel „Das wird schon wieder“ beim Theseus Verlag (J. Kamphausen Mediengruppe).

Amazon-Link zur deutschen Ausgabe

Englischsprachige Ausgabe

Die englische Orginalausgabe mit dem Titel „How to Be Sick“ wurde 2010 vom Verlag Wisdom Publications herausgegeben.

Aktuell (September 2018) ist gerade eine neu überarbeitete englischsprachige Version erschienen. Toni Bernhard berichtet darüber auf ihrem Blog und gibt uns auch gleich ihre 7 wichtigsten Tipps, um Frieden mit chronischer Erkrankung und Schmerzen zu schließen.

Amazon-Link zur neuen Auflage der englischsprachigen Ausgabe

Auf der Seite tonibernhard.com werden alle drei Bücher von Toni Bernhard vorgestellt, und es gibt auch eine kurze Biografie der Autorin.

Hinweis: Meine Rezension bezieht sich vor allem auf die englischsprachige Erstauflage, da ich dieses Buch besitze. Über die Qualität der deutschsprachigen Übersetzung und über die 2018 überarbeitete zweite Auflage von „How to Be Sick“ kann ich daher leider nichts aus persönlicher Erfahrung sagen. Ich würde mir aber auf jeden Fall die neue Auflage kaufen, wenn ich die alte noch nicht hätte. Ich bin mir sicher, das Buch ist mit der Überarbeitung noch ausführlicher und hilfreicher geworden.

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