Persönliches

Was hast du eigentlich?

MCAS, CFS, Absetzsyndrom, chronische Schmerzen: Namen für Krankheiten, für die Ärzt*innen meist keine „angemessene“ Erklärung mit ihren schönen neuen Geräten finden. All diese Erkrankungen produzieren eine Vielzahl mysteriöser Symptome, die meist nur hochgezogene Augenbrauen oder Achselzucken bei Mediziner*innen hervorrufen.

Zugegeben, „Was hast du eigentlich?“ werde ich eher selten gefragt.

Viele Menschen vermeiden ausführlicheres Nachfragen, wenn es um so schwierige Dinge wie längere Erkrankungen geht.

Wenn du mich triffst, merkst du außerdem nicht, dass ich in meinem Alltag ziemlich eingeschränkt bin. Ich sehe nicht krank aus. Sind meine Symptome zu stark, bin ich zudem unsichtbar, da ich dann die Wohnung oder sogar das Bett kaum verlassen kann.

Die Frage „Was hab ich eigentlich?“ stelle ich mit aber immer wieder selbst.

Wie bei vielen Betroffenen mit äußerlich unsichtbaren Erkrankungen ist es schwer, meine Probleme diagnostisch richtig einzuordnen.

Elisa mit Rucksack und Trekkingstöcken.
Wenige Monate bevor ich krank wurde: 2012 beim Trekking in Nepal

Schon seit der Kindheit begleiten mich verschiedene gesundheitliche Probleme wie Allergien, Neurodermitis, Asthma, Magen-Darm-Beschwerden und häufige Atemwegs- und Harnwegsinfektionen.

Insgesamt habe ich mich aber nie als krank wahrgenommen – ich war sportlich und gern draußen unterwegs. Meine Symptome konnte ich meist schnell wieder vergessen oder ignorieren.

Im Spätsommer 2012 überraschte mich dann ziemlich plötzlich eine anhaltende und unerklärliche schwere Erschöpfung (Fatigue), begleitet von mäßigen Schmerzen und Asthma. Von Heute auf Morgen konnte ich weder Sport machen, Arbeiten gehen, noch meinen Alltag bewältigen.

Ärztliche Untersuchungen ergaben nichts, und etwa ein Jahr später erholte ich mich ein wenig durch viel Ruhe und eine Ernährungsumstellung.

Ich war zuversichtlich, wieder gesund zu werden.

Leider kam es anders: Nach einer anstrengenden Lebensphase und einer Überlastung beim Umzug begannen, wieder ziemlich plötzlich, starke chronische Schmerzen (die zeitweise dazu führten, dass ich ohne Rollator nicht mehr gehen konnte) – zusammen mit extremen Unverträglichkeitsreaktionen. Auch die schwere Erschöpfung kam zurück.

Der nicht so erfolgreiche Versuch, die Symptome mit Medikamenten abzumildern, brachte nochmal eine neue Herausforderung und starke Verschlechterung meiner Gesundheit mit sich: Das Absetzen bestimmter Medikamente kann in manchen Fällen langwierige Probleme auslösen.

Aufgrund der immer schwereren Unverträglichkeiten auf Nahrungsmittel, Duftstoffe, Hitze und Bewegungsreize und meiner allergieartigen Symptome vermute ich, dass ich vielleicht schon länger an einem Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) leide: Einer Erkrankung, bei der Betroffene oft auf alle möglichen Reize und Stoffe überreagieren.

Vielleicht leide ich auch unter CFS/ME (Chronisches Fatigue Syndrom/Myalgische Enzephalomyelitis). Nahrungsmittelintoleranzen oder MCS (Multiple Chemikalien Intoleranz) treten auch bei dieser Erkrankung häufig auf.

Durch ärztliche Tests konnte bisher „nur“ festgestellt werden, dass meine Bauchspeicheldrüse und mein Darm nicht mehr richtig funktionieren. Dies könnte allerdings zumindest teilweise erklären, warum mein Immunsystem so verrückt spielt.

Für wenig verstandene, von außen nicht sichtbare und dazu verschiedene Organsysteme betreffende Erkrankungen ist es für viele Betroffene extrem schwer, eine Diagnose und vor allem eine hilfreiche Behandlung zu erhalten (siehe dazu auch meinen Artikel zur Psychosomatik).

Update: Seit Anfang 2019 habe ich die durch Bluttests und Punktion gesicherte Diagnose Mastzellaktivierungserkrankung und schwere exokrine Pankreasinsuffizienz, dazu Verdacht auf CFS und MCS.

Elisa mit ihrer Hündin auf einer Bank
Wer ist hier erschöpft? 2018 mit meiner Hündin Sisa, die gegen Pausen mit Streicheleinheiten nichts einzuwenden hat.

Wie fühlt sich meine Erkrankung für mich an?

Ehrlich gesagt ziemlich unangenehm.

Akute Reaktionen ähneln je nach Intensität einer Mischung aus Erkältung, Pollenallergie, Hitzeschlag, Magen-Darmgrippe und einem heftigen Kater.

Daneben habe ich chronische Symptome wie Schmerzen, Entzündungen und Erschöpfung, die aktuell immer mehr oder weniger ausgeprägt vorhanden sind.

Ich bin ungefähr so leistungsfähig, als ob ich von einer Grippewelle ohne Pause in die nächste rutschen würde.

Arbeiten, in den Urlaub fahren oder Sport machen sind so natürlich nicht möglich. Freunde treffen, kleine Ausflüge machen oder Veranstaltungen besuchen geht nur sehr selten.

Das derzeit größte Problem ist das Essen: Mein Körper reagiert inzwischen auf fast alle Nahrungsmittel, so dass mir kaum noch genug übrig bleibt, um mich davon zu ernähren.

Auch wenn man mich manchmal auf dem Fahrrad oder mit meiner Hündin beim Spielen sieht: Das sind leider derzeit meist nur begrenzte Zeiten oder Tage, an denen ich aktiver sein kann. Diese versuche ich aber so gut es geht zu nutzen und zu genießen.

Auf jeden Fall braucht es viel Geduld, Kreativität und Ausdauer, mit den Einschränkungen zurecht zu kommen – und trotzdem auch immer wieder glückliche Momente und zufriedene Tage zu erleben.

Was hast Du eigentlich?

Wenn du magst, schreibe mir gerne in den Kommentarbereich, welche chronischen Erkrankungen dein Leben zu einer Herausforderung machen und was das für deinen Alltag bedeutet.

6 Comments

  • Mimi

    Hallo Elisa,

    in deinem Blog finde ich mich sehr gut wieder und was du so schilderst, habe ich auch in vielen Bereichen erlebt. Ich danke Dir, dass du deine Gedanken, dein Wissen und deine Erfahrungen teilst.

    Zwar habe ich von Anfang an eine Diagnose gehabt, bzw. zwei, die sich gegenseitig pushen , auslösen und abwechseln. Es fällt dann zumindest das zermürbende, jahrelange Suchen nach der Ursache weg. Aber auch da wird irgendwann meistens gesagt: Irgendwas muss doch dagegen helfen.

    Die Schmerztage und Wochen kriegen nur die wenigsten wirklich mit, da ich dann eben auch zu Hause bleibe und oft auch gar nicht aufstehen oder den Alltag bewältigen kann. So entsteht dann gern das Bild nach außen, dass es mir doch so schlecht nicht gehen kann, wenn man mich an besseren Tagen sieht. Arbeiten kann ich seit letzten Jahr aber nicht mehr, das lässt meine Erkrankung nicht mehr zu.

    Mein großer Schatz ist auch mein Hund, der einfach immer da ist und so gut tut!

    Liebe Grüße
    Mimi

  • Anja

    Wie schön diesen Blog gefunden zu haben. In dem Beitrag von Sacha konnte ich meine Situation besonders wiedererkennen, da ich auch unter täglichen Bauchschmerzen leide. Schmerzmittel und andere Therapien haben leider keine Verbesserung gebracht. Bei mir war eine Operation vor 30 Jahren der Auslöser. Es folgten viele weitere Eingriffe, um die Verwachsungen zu entfernen – leider kommen sie immer wieder und mit ihnen die Schmerzen und auch Einschränkungen beim Essen. Ich arbeite noch (Teilzeit), aber quäle mich mit starken Schmerzen durch den Arbeitstag. Leider sind chronische Schmerzen nicht anerkannt, weshalb ich weiter arbeiten muss. Auf der Arbeit schleppe ich mich wegen der Koliken oft gekrümmt auf die Toilette. Meine gesamte Freizeit verbringe ich alleine Zuhause. Dort kann ich meinen Bauch entspannen, liege, lese oder halte telefonischen Kontakt zu Freunden. Im Urlaub war ich noch nie. Auch Ausflüge und Unternehmungen sind zu anstrengend und die Gefahr unterwegs einen Schmerzanfall zu bekommen, ist viel zu groß.

  • Sacha

    Das ist „schön“ wenn man sieht, dass man nicht alleine ist. Meine Diagnose lautet Anhaltende Somatoforme Echmerzstörung, naja.

    Ich bin 1988 mit einem Darmverschluss geboren, da wurde mir der Blinddarm entfernt, was eine grosse Narbe quer über den Bauch zur Folge hatte, ca 20cm waagrecht. Gallenblase besitze ich auch keine.

    Im April 2012 habe ich plötzlich vom einen auf den anderen Tag Bauchschmerzen gekriegt, einfach so 24h am Tag. Am Anfang waren sie unangenehm aber nicht schlimm, mit der Zeit wurden sie immer wie stärker. Heute sind sie täglich unerträglich (schneiden, brennen, reissen und klemmen ) ohne Schwankungen. Gefühlt gleich hinter der Bauchdecke.

    In den vielen Jahren seit 2012, habe ich alle möglichen Untersuchungen gemacht. Eine Magenspiegelung, dort kam dann eine Speiseröhrenentzündung raus, dann bekam ich Säureblockertabletten, dann fand eine zweite Magenspiegelung statt, die Speiseröhrenentzündung war weg, aber die Schmerzen waren immer noch da. Dann folgte eine Darmspiegelung ohne Ergebnis. CT, Diverse Ultraschalls, Diverse Blutproben, MRT, Urinprobe, Stuhlproben, EKG, alles ohne Befund. Dann wurde ich zu einerm Psychiater geschickt, aber auch dort wurde es überhaupt nicht besser, die Schmerzen waren immer noch den ganzen Tag da auf unveränderbar

    Ein 2 Monatiger Aufenthalt in einer Psychosomatischen Schmerzklinik 2014 hat auch nichts gebracht.

    Am 17. März 2014 wurde eine Laproskopie im Krankenhaus durchgeführt. Dort hatte ich dann eine Rückblutung von 2.5 Liter, dann folgte gleich eine Not OP, im Sinne einer Lapratomie. Dort wurden diverse Verwachsungen gelöst und eine kleine Narbenhernie operiert und ein 30x18cm Netz reinoperiert und senkrecht ca 30 cm alles wieder zusammengenäht . Gebracht hat es nichts, im Gegenteil, die Schmerzen fühlen sich eher noch stärker als vor der Operation an, sie sind permanent auf einer 10. ohne Zwischenzeitlicher Linderung oder Erleichterung.

    Im Sommer 2016 war ich 4.5 Wochen wieder in einer Psychosomatischen Schmerzklinik, wieder ohne Erfolg.

    Im Januar 2017 versuchte ich es im Krankenhaus mit einer Narbenrevision der Narbe nach der Geburt, auch ohne Erfolg. Ohne medizinischen Bauchgürtel kann ich schon gar nicht mehr laufen.

    Ich lebe einfach 24h zu Hause in den Tag hinein, und verlasse das Haus nur wenn ich einen Termin habe z.b Schmerztherapie/Psychotherapie oder für einen kleinen Einkauf. Lange war die Hoffnung da, dass es was reparables mit dem Darmverschluss nach der Geburt ist/sein könnte zb bzgl Verwachsungen. Leider war dies ein verheerender Fehler meinerseits, der mehrfach widerlegt wurde und alles nur noch schlimmer machte. Mit der Psychotherapie und Antidepressiva komme ich aber auch nicht so richtig voran.

    Schmerzmittel habe ich auch schon viele probiert von Novalgin über Ibuprofen zu Morphium über Fentanyl. Keines hatte eine Wirkung erzielt, ich spürte bei allen null Veränderungen. Auch Lokalanästhesie und Spinalanästhesie schlugen nicht an.

    Zusätzlich habe ich schon diverse Alternativtherapien wie Akkupunktur, Shiatsu, Osteopathie, Rolfing und Homöopathie oder auch Physio ohne Erfolg versucht.

    Ps:Wurde doch ein bisschen lang :-))

    • Elisa

      Liebe Sacha,

      danke für deine Offenheit und willkommen auf meinem Blog. Es tut mir sehr leid zu lesen, wie lange auch du schon mit Krankheit und Schmerz zu kämpfen hast. Meine Erfahrung ist, dass man oft von ÄrztInnen als psychosomatisch erklärt wird, was aber für mich einfach heißt, dass sie nicht genau wissen was im Körper eigentlich passiert. Trotz modernster Technik und Wissenschaft gibt es noch vieles, das wir nicht verstehen – unser Körper ist sehr komplex und die Zusammenhänge so vielfältig.

      Mir geht es sehr ähnlich wie dir – auch bei mir helfen die klassischen Schmerztherapien wie Physio, Entspannungsmethoden, Psychotherapie und Schmerzmedikamente wenig bis gar nicht. Wir sind damit nicht allein, es geht leider vielen Menschen ähnlich.

      Meine persönliche Erfahrung ist, dass ich wenn die Ärzte nicht weiter wissen doch irgendwann meinen eigenen Weg finde, um mit der Situation umzugehen. Dass ich ganz genau auf meinen Körper hören muss – was ihm gut tut, was er braucht und was gar nicht geht – und es dann doch in ganz kleinen Schritten – und oft vielen Rückschlägen – auf lange Sicht besser werden kann.

      Das einzige was mir derzeit gut tut ist Bewegung im kühlen Wasser. Das lindert für den Moment, auch wenn es danach bald wieder zurück kommt.

      Ich wünsch dir von ganzem Herzen alles Liebe und viel Kraft

      Elisa

      P.S. wenn du über neue Beiträge informiert werden möchtest, trage dich doch gern in meinen Newsletter ein: https://lebenstrotz.de/newsletter/

  • Petra

    Hallo Elisa,ich bin 57 ,habe seit einem Jahr die Diagnose MCS, CFS und seit der Klinik Rötz im Juni Verd. auf MCAS . Habe ich aber keine gesicherte Diagnose, da ich nicht in eine Klinik kann. Die MCS lässt das nicht zu.
    Hatte bis Sommer 2017 in der Dialyse gearbeitet.Im April 2017 begannen die Fieberschübe jede Nacht, im August hatte ich dann noch VorfussspontanFraktur,im Okt. dann endlich die Diagnose Pfeiffersches Drüsenfieber. In der Zwischenzeit wurde es mit den Düften immer extremer.Dann kamen auch noch Nahrungsmittelunverträglichkeiten dazu, die nach der Darmsanierung in Rötz besser wurden.Allerdings war es in Rötz teils unerträglich mit den Düften.
    Liebe Grüße Petra

    • Elisa

      Liebe Petra,

      Danke für deine Nachricht und das Teilen deiner Geschichte. Da hast du ja auch Schlimmes durch seit letztem Jahr. Das tut mir sehr leid zu lesen, ich kann das sehr nachfühlen, wie das ist wenn alles plötzlich nicht mehr funktioniert wie vorher und der Körper „verrückt spielt“.

      Ich habe auch erst im nächsten Jahr einen Termin bekommen, zur ambulanten Untersuchung der MCAS – es scheint ein großes Problem zu sein, dass es kaum Stellen gibt, die sich wirklich gut damit auskennen.

      Das Problem, eigentlich nicht in die Klink zu können wegen der Unverträglichkeiten, kenne ich gut.

      Schon beim Zahnarzt ist es schwierig, auch ohne eine Betäubung zu bekommen reagiere ich auf die Desinfektionsmittel in der Praxis – für kurze Zeit geht das aber zum Glück.

      Kommst du denn in deinem Alltag und deinem Zuhause einigermaßen zurecht mit der MCS?

      Den Düften und Chemikalien ganz zu entgehen, ist ja heutzutage kaum möglich – zumindest wenn man noch hin- und wieder unter Menschen sein möchte 🙁 Bei mir im Haushalt gibt es natürlich keine entsprechenden Kosmetika und Reinigungsmittel mehr, und ich vermisse das auch nicht sehr.

      Dass bei dir jetzt zumindest die Nahrungsmittelunverträglichkeiten besser wurden, klingt wie ein kleiner Lichtblick.

      Ich drück dir ganz fest die Daumen, dass sich dein Immunsystem auch in den anderen Bereichen weiter etwas stabilisiert und du gute Unterstützung hast.

      Alles Liebe für dich,
      Elisa

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